05.05.2025, 14:18
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Deutschlands 500-Milliarden-Euro-Chance – Abwerbestrategie oder wissenschaftliche Solidarität?

Teheran (IRNA) – Inmitten der wachsenden ideologischen Bevormundung der Wissenschaftsgemeinschaft in den Vereinigten Staaten, sieht Deutschland eine historisch beispiellose Chance: sich als globaler Hort der akademischen Freiheit zu etablieren. Das Werkzeug für den Zweck? Ein Finanzspritzenpaket im Wert von 500 Milliarden Euro, das zunächst für den Ausbau von Infrastruktur und die Erreichung der Klimaneutralität gedacht war, könnte jetzt zum Teil umgeleitet werden, um amerikanische Forscherinnen und Forscher mit dem geplanten „1.000 Gehirne“-Talentprogramm zu locken.


Ist es ein kühner Schritt in Richtung weltweiter wissenschaftlicher Dominanz oder eher ein gieriger Überfall auf eine geschwächte Partnerstaatlichkeit?

Die Bestrebungen Deutschlands kollidieren mit einem Forschungssektor in den USA, der in einer Misere steckt: Selbstständigkeit und Geldmittel sind bedroht. Während der zweiten Amtszeit von Donald Trump könnte das US-Gesundheitsinstitut NIH mit Kürzungen von bis zu 40 Prozent konfrontiert sein, was einer Reduzierung um beinahe 19 Milliarden Dollar im Vergleich zur bisherigen Zuweisung von 47,7 Milliarden Dollar entspricht. Speziell in Mitleidenschaft gezogen sind Software für Gesundheit von Minderheiten, Diskussionen über Transgender-Angelegenheiten und Untersuchungen zur Klimawissenschaft. Zur gleichen Zeit stehen renommierte Bildungsstätten wie Harvard und Berkeley vor dem Dilemma des ideologischen Drucks, der mit der Drohung einhergeht, staatliche Unterstützung zu verlieren.

Die Attacken gegen die Autonomie der Wissenschaft entgehen nicht der Aufmerksamkeit. Im Frühling des Jahres 2025 verkündete das renommierte Magazin Nature eine bemerkenswerte Zunahme von Anträgen seitens der amerikanischen Forscher für Positionen in europäischen Forschungseinrichtungen um satte 32 %, während die Bewerbungen in umgekehrter Richtung um 41 % schrumpften. Im Auftaktquartal des Jahres 2025 verzeichnete auch der Ehrwürdige Akademische Austauschdienst aus Deutschland (EAAD) einen Anstieg der Anfragen aus Amerika um satte 27 %.

Das geplante Projekt "Tausend Gedanken" scheint in dieser Situation sowohl taktisch geschickt als auch zeitlich punktgenau zu sein. Jeder auserwählte Forscher hat die Möglichkeit, innerhalb von fünf Jahren eine Million Euro zu erhalten – samt schneller Visaabwicklung, topmodernen Laboren und zusätzlichen Mitarbeiterpositionen. Jedoch zeigt das Vorhaben auch die tiefergehenden Bestrebungen Berlins: Es möchte nicht nur Talente anziehen, sondern sich als geistige Gegenkraft zu einem immer stärker gespaltenen Amerika etablieren.

Konjunkturpolitik trifft auf Soft Power

Das Paket im Wert von 500 Milliarden Euro, welches als das monumentaleste seit der deutschen Wiedervereinigung gilt, hat zum Ziel, den grünen und digitalen Fortschritt offiziell zu beschleunigen. Jedoch betonte Lars Klingbeil, der potenzielle zukünftige Schatzmeister, unmissverständlich: Auch die Sphären der Wissenschaft und der Universitäten sollen Nutzen erlangen. Möglicherweise fließen der Forschung auf Umwegen bis zu 70 Milliarden Euro zu – durch entspanntere Schuldenregeln und erweiterte Fördermöglichkeiten für Bundesländer und Bildungseinrichtungen.

Dies stellt eine durchdachte politische Strategie dar. Mit seinem Projekt "Mach' Unseren Planeten Wieder Großartig" hat Frankreich bereits mehr als 200 Forscher aus den USA rekrutiert. Sollte Deutschland weiterhin bei Löhnen, Karrierechancen und Laborausstattung zurückbleiben, könnte es Gefahr laufen, in einer Zeit wackeliger transatlantischer Wissensaustauschströme seine Spitzenposition in der Wissenschaft zu verlieren.

Zur gleichen Zeit erhebt sich auch im eigenen Land Unzufriedenheit. Der Vorsitzende des DAAD, Joybrato Mukherjee, mahnt eindringlich davor, die Initiative als "Kopfjagd" zu deklarieren, während Katrin Böhning-Gaese vom Helmholtz-Zentrum hervorhebt, dass die Aktion Deutschlands von Altruismus und nicht von Egoismus geleitet sein müsse. Es wird von beiden Seiten empfohlen, auch bei zunehmenden ideologischen Differenzen den Kontakt zu amerikanischen Einrichtungen nicht zu vernachlässigen.

Die gebotene Umsicht ist durchaus angebracht. Ein als „Kunstgriff der Begabten“ betrachtetes Vorgehen könnte das transatlantische Vertrauen in die Wissenschaft weiter schwächen – insbesondere, wenn Europa davon profitiert, während amerikanische Bildungseinrichtungen unter Geldmangel und ideologischen Attacken leiden.

Die strategische Marschroute für die Wissenschaft in Deutschland

Jenseits der spontanen Rekrutierung hat die Regierung ein visionäres Zukunftsprojekt entworfen. Es werden sechs essenzielle Technologien für Kapitalanlagen genannt: Magische Intelligenz, Quantenrechnen, Lebenswissenschaften, Winzigelektronik, Verschmelzungsenergie und umweltfreundliche Fortbewegung. Bis zum Jahr 2040 strebt Deutschland sogar danach, den allerersten kommerziellen Fusionsreaktor der Welt in Betrieb zu nehmen.

Es sind auch im Inland Veränderungen geplant: obligatorische Gleichstellungsziele in der Wissenschaft, Reduzierung der Bürokratie in der Forschung und optimierte Laufbahnen für aufstrebende Wissenschaftler. Die Gelder für das Erasmus+-Abenteuerprogramm sollen bis zum Jahr 2026 um ein Fünftel erhöht werden. Berlin kämpft auf europäischem Parkett leidenschaftlich für die Schaffung eines eigenständigen Europäischen Forschungsrates und eines forschungsgetriebenen FP10-Programms, im Gegensatz zu Vorhaben, die Forschung in einen allumfassenden Wettbewerbsfonds zu integrieren.

Die Vision, die sich verbirgt, ist eindeutig: Deutschland – und im größeren Kontext die EU – strebt danach, zu einem weltweiten Dreh- und Angelpunkt für Kreativität, Freiheit und herausragende Wissenschaft zu avancieren, insbesondere in einer Zeit, in der sich die USA in ideologischen Scharmützeln verlieren.

Das Vorgehen Deutschlands ist verständlich – die Wissenschaft strebt wie das Kapital nach Beständigkeit, Unterstützung und Unabhängigkeit. Das Vorgehen ist von eminenter Bedeutung. Das Gewähren von Zuflucht im akademischen Nirvana sollte keinesfalls mit Anbiederung verwechselt werden. In der heutigen Zeit bedeutet eine ethische Führung in der Forschung, nicht nur Opfer von Repression zu sammeln, sondern vielmehr Brücken zu bauen.

Deutschland steht vor der kniffligen Aufgabe, sich in ein wissenschaftliches Schutzschloss zu verwandeln, ohne dabei eine Krise als Trittbrett zu benutzen. Wenn dieser Drahtseilakt gelingt, könnte Berlin eine frische Ära der wissenschaftlichen Diplomatie einläuten – nicht indem es die Vereinigten Staaten ersetzt, sondern indem es dazu beiträgt, das zu konservieren, was einst ihr Dasein als Wissenschaftsgigant begründete.

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